„So lange Fußball spielen, wie es noch möglich ist“

Karsten Hempel und Emrah Kalkan im Interview

Drei- bis vierstellige Gehälter, Handgelder, Prämien, Spielerberater – klingt nach Bundesliga, ist aber mittlerweile Realität in den Amateurligen Deutschlands. Es ist nicht selten, dass sich Investoren in Dorf- oder kleine Stadtvereine einkaufen und den Verein umkrempeln. Der erhoffte Erfolg soll Profit machen und natürlich wieder zurück in die Tasche des Investors fließen. Bleibt der Erfolg jedoch aus, wandert der Mäzen wieder ab. Es bleibt ein zerbrochener Verein zurück. Keine ungewöhnliche Geschichte, auch nicht hier in Nordhessen.

Aus diesem Grund ist es uns schon immer wichtig gewesen, ein gutes Gleichgewicht zwischen der Entwicklung junger Spieler und der Erfahrung älterer Spieler in der Mannschaft zu haben. Im besten Fall aus der eigenen Jugend oder aus der Heimat. Mit Blick auf unseren Verein können wir mit Stolz behaupten, dass über 80% der aktiven Spieler bei der FSG entweder aus Gudensberg und dessen Ortsteilen kommen oder bereits in der Jugend der FSG aktiv gewesen sind. Wer sich beispielsweise mit den Mannschaften aus der Verbandsliga Nord beschäftigt hat, der weiß, dass dies nicht selbstverständlich ist. Genauso wenig wie Vereinstreue, die oftmals durch finanzielle Anreize gebrochen wird.

Es gibt zwei Spieler in unseren Reihen, die eine lange FSG-Vergangenheit haben und schon seit ihrem 5. Lebensjahr in Gudensberg Fußball spielen. Die Vorschützer Karsten Hempel und Emrah Kalkan sind unsere treuesten Vereinsvertreter. Und noch heute laufen sie im Trikot der FSG auf. An ein Detail seines ersten Fußballspiels kann sich Emrah noch genau erinnern: „Ich hatte keine Fußballschuhe, ich habe in Chucks gespielt.“ Während der Jugendzeit boten sich beiden Spielern viele Highlights, u.a. auch Fußballfahrten deutschlandweit oder sogar im Ausland. Emrah beispielsweise sollte mit der Kreisauswahl bei einem internationalen Turnier in Polen mitwirken. An der Grenze wurden Emrah und ein Freund allerdings festgehalten, da sie beide auf dem Pass der Eltern angemeldet waren, die wiederum nicht dabei waren. „Wir saßen mit Verbrechern an der Grenze“, sagt der 33-Jährige. „Wir haben darauf gewartet, abgeholt zu werden.“ Erich Fröhlich hatte das Vergnügen, die beiden Jungs dort abzuholen und so war das Turnier für die beiden vorzeitig beendet.

An ihre Trainer können sich Emrah und Karsten ebenfalls erinnern. Während Karsten das Fußballspielen u.a. von Klaus Hildebrand, Winfried Orth und Franco Schiavo erlernte, konnte Emrah unter Norbert Siebert, Karl Wurst und Bruno Stephan trainieren, um nur einige zu nennen.

Den Sprung in die Senioren haben beide erfolgreich gemeistert. Karsten hat die Senioren sogar direkt übersprungen und sein erstes Spiel nach den Junioren bei den Alten Herren absolviert. Die hatten zu dem Zeitpunkt zu wenig Spieler und bestritten die Spiele ohne Wertung. Emrah hatte dagegen zu dem Zeitpunkt mit vielen Verletzungen zu kämpfen und startete sein Comeback direkt bei Trainerlegende Sebastian „Neckel“ Czornik in der Reserve der FSG. Zunächst als defensiver Spieler, doch den Mann, der mehr Schüsse als Ballkontakte hat, zog es mehr und mehr in die Offensive. „Schon damals hatte ich in der C-Jugend als Libero mehr Tore als unsere beiden Stürmer zusammen.“

Auch Karsten fing als Defensivallrounder an, aber auch er bringt definitiv seine Stürmerqualitäten mit sich. Kurz nach der Mittellinie wurde von jeder Position geschossen. „Ich habe immer nur draufgebolzt. Die Torhüter waren alle nur so groß wie Emrah, da musste man schießen“, sagt der 37-Jährige augenzwinkernd.

Die Stimmung innerhalb des Vereins ist beiden positiv in Erinnerung geblieben. Ballermann-Feten auf dem Sportplatz oder andere Team-Events waren keine Seltenheit in einem intakten Teamgefüge, welches sich zumeist in den Jahren zeigte. Es gab aber auch Zeiten, in denen viele Spieler aus anderen Ortschaften im Verein spielten, die zu einem guten Klima innerhalb der Mannschaft nicht viel beitragen konnten. Das Problem wurde schnell behoben, indem wieder mehr auf die Einheimischen gesetzt worden ist. Das ist auch heute die Vereinsphilosophie, mit der sich beide Spieler identifizieren können.

Doch über ein Thema mussten wir mit Karsten sprechen. Während Emrah dem Verein durchgängig treu blieb, ist uns Karsten ein Jahr fremdgegangen. Die Gründe dafür beschreibt er wie folgt: „Meines Erachtens hatte ich damals gut trainiert, aber es hat dennoch nicht für die 1. Mannschaft gereicht, die zu der Zeit in der Gruppenliga gespielt hat.“ Karsten wollte aber mehr als nur mit der Reserve in der Kreisliga A spielen und entschied sich zu einem Wechsel nach Metze, die in der Kreisoberliga agierten. Begünstigt zusätzlich noch durch Mike Reinemann, Björn Schröck oder Martin Döring, die ebenfalls bei Metze spielten und einen guten Draht zu Karsten hatten. Trotzdem war Karsten fast jede Woche im Gudensberger Weinbergstadion, um seinen Heimatverein anzufeuern. Er war somit nie weg und so kam es auch, dass er trotz dem „tollem Jahr in Metze“, direkt wieder zurück in die Heimat wechselte und bis heute auch hier geblieben ist. „Das Herz ist in Gudensberg geblieben“, erinnert sich Karsten.

Auf die Frage, was die beiden im Verein hält, antwortet Emrah: „Es ist ein Geben und Nehmen. Wenn man beim Heimatverein spielt, kann man nicht immer nur verlangen, sondern du musst auch etwas für deinen Verein tun.“ Für Karsten hinzu ist das Mitwirken im Verein eine Herzensangelegenheit, bei der es nie um Geld ging. Mit Blick auf die aktuelle Situation ergänzt Karsten noch, dass er dem Verein natürlich immer Erfolg wünscht, aber Derbys gegen Brunslar oder Edermünde auch immer ihre Reize haben, die zudem viele Zuschauer locken.

Was die Zukunft bringt, wissen die beiden nicht. Doch bei einem Punkt sind sie sich einig: Sie möchten so lange spielen, wie es nur geht. „Und wer weiß, vielleicht trainiere ich irgendwann auch mal eine Jugendmannschaft“, meint Karsten. Vielleicht sogar einen kleinen Hempel-Junior 😉

Emrah steht lieber auf als neben dem Feld. „Ich wünsche mir, dass ich wenigstens ein Jahr verletzungsfrei auf dem Platz stehen kann und am besten noch Meister werden darf.“

Wir danken den beiden für ihre tolle Unterstützung im Verein und wünschen beiden Spielern noch eine langanhaltende aktive Zeit als Fußballer der FSG Gudensberg.

Hier geht es zum Artikel in unserer Stadionzeitung (Ausgabe November).